Wieso überhaupt der Partnerwechsel im Tanzkurs? Sorgt das nicht nur für Chaos und Unruhe? Was bringt das überhaupt außer neue Herausforderungen? Als wäre das Tanzenlernen alleine nicht genug, muss noch etwas dazukommen? Oder kann das doch unser Tanzen auf das nächste Level bringen und unseren Lernerfolg verbessern?
Um Antworten auf diese Fragen zu geben, sollten wir einen kurzen Blick hinter die Kulissen werfen.
Das an sich empfindliche Thema des „Partnerwechsels“ während des Tanzunterrichts ist wahrscheinlich so alt wie der Social Dance an sich. Generell könnte man aber sagen, dass der Social Dance in Europa nicht sooooo super alt und nicht so sehr in der Gesellschaft verankert ist, wie z.B. im Vergleich zu den USA. Viele Tanztrends sind aus den USA nach Europa gewandert. Manche haben sich ziemlich schnell durchgesetzt, manche haben ein wenig länger gebraucht.
Die mitteleuropäische Szene war lange Zeit sehr durch die Ballroomtänze geprägt. Auch wenn der „Social“ Part z.B. auf den Bällen gelebt wurde, besuchte man die Kurse meist mit einem fixen Tanzpartner.
Das Ziel war eher die Beherrschung von möglichst vielen meist komplexen Schrittmustern und Figuren, die man gekonnt mit seinem Partner bzw. seiner Partnerin auf das Parkett legte.
Erst mit der Verbreitung von Tango, Swing & Salsa hat der Social Dance mit allen seinen weiteren Facetten noch vermehrt an Bedeutung auch abseits des Ballgeschehens gewonnen.
Das Ganze hat aber dennoch für ein kleines „Mindset-Chaos“ gesorgt. Denn, es kam zu Vermischung zweier Ideologien, und viele Tanzschüler wurden ein wenig verwirrt. Die Traditionalisten (eher aus dem Ballroom stammende TänzerInnen) wollten auch mal Salsa oder Swing lernen und wurden plötzlich fast gezwungen, den Partner mitten im Kurs zu wechseln. Für manche wurde verständlicherweise das ganze Erlebnis des Tanzenlernens auf den Kopf gestellt. Umgekehrt natürlich auch…
In diesem Beitrag möchte ich für etwas mehr Klarheit sorgen und aufklären, was die Vor- bzw. auch Nachteile des Partnerwechsels im Tanzkurs sind…
Positive Gründe für den Partnerwechsel im Tanzkurs:
1. Man lernt die Bewegung anderer Menschen kennen und konditioniert seinen Körper auf „Situationselastizität“, eine der wichtigsten Säulen von jedem Social Dance.
2. Abwechslung ist normalerweise etwas Gutes, sie sorgt für mehr Erlebnis und sozialen Austausch.
3. Wir werden „gezwungen“, uns an den Rand unserer Komfortzone zu bewegen. Ja, an den Rand, denn, ganz ausserhalb ist es noch nicht. Man bleibt immer noch in der gewohnten Umgebung, der Tanzlehrer schaut immer noch auf einen und hilft bei Bedarf. Die TanzschülerInnen sind nicht komplett auf sich alleine gestellt, aber eine kleine Herausforderung bleibt es trotzdem. No pain, no gain, würden die Amerikaner sagen. So schmerzhaft ist es aber auch wieder nicht. Versprochen! 😉
4. Die Erfahrung des Partnerwechselns im Kurs hilft ungemein das Eis zu brechen. Z.B. ist man bereits für einen Tanzabend vorbereitet, bei dem man auch einmal mit wildfremden Menschen tanzen möchte. Wenn man es bis zu diesem Zeitpunkt noch nie erlebt hat, wie es sich anfühlt, mit jemanden anderen zu tanzen, könnte der Tanzabend ziemlich öd und einsam verlaufen.
5. Es bricht auch das „soziale“ Eis. Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass man die selben TänzerInnen aus dem Kurs auch am Tanzabend (auch Social genannt) trifft. Du darfst drei mal raten, wen du am ehesten auffordern würdest, oder wer dich auffordern wird. Eben… das sind die Leute, die schon mit dir im Kurs getanzt haben. Ganz einfach…
6. Der „fremde“ Partner hat für gewöhnlich weniger an einem auszusetzen als der eigene (Lebens)Partner, oder? Der Pegel bei einem Fremden ist einfach etwas höher… Somit bekommt man meist ein trotz des einen oder anderen Fehlers ein Lächeln oder auch mehrere. 😉
7. Oftmals kommt man gerne wieder zum eigenen Partner zurück und schätzt diesen dann noch viel mehr. 😉
Alles schön und gut. Aber das Ganze ist trotzdem eine Herausforderung für alle Beteiligten.
Ich möchte es hier gleich betonen:
Ich glaube trotz alldem nicht an das ständige Partnerwechseln im Kurs!
Ich glaube, es gibt angenehmere Methoden, die ähnliche Vorteile mit sich bringen.
Bevor wir zu unserer Methode kommen, schauen wir uns auch gewisse „Nebeneffekte“ vom Partnerwechseln im Tanzkursbetrieb an:
1. Die Lernerfahrung ist nicht sehr harmonisch, da man sich dauernd auf den immer wieder wechselnden Partner anpassen muss. Wir werden mehr damit beschäftigt die Bewegung des neuen Partners zu analysieren, als die Tanzbewegung, die gerade unterrichtet wird, für sich selbst zu entdecken. Vor allem wenn die Wechselintervalle sehr kurz sind.
2. Der Tanzlehrer wird dadurch auch sehr gefordert und hat eine „Dimension“ mehr, die er im Unterricht bedenken muss.
3. Viele wollen einfach mit ihrem eigenen Partner vielleicht sogar ihre einzige Zweisamkeit im Alltag verbringen. Man will nicht auch noch in dieser kostbaren Zeit ihn oder sie mit jemanden anderen teilen. Sehr verständlich, oder?
4. Eventuell kommt man auch mit Menschen in Kontakt, die einem unangenehm sind. (schlechter Geruch oder schwitzige Hände) Es ist eine Herausforderung vor allem für jene, die sich nicht so leicht mit dem motorischen Erlernen tun, dauernd mit jemanden neuen zurechtkommen zu müssen. Oft kann es auch passieren, dass dadurch bei dem einen oder anderen die Unsicherheit noch erhöht wird.
Wie soll man das jetzt angehen. Was ist richtig und was ist falsch?
Für uns gibt es kein richtig oder falsch, was den Social Dance betrifft. Denn es ist sehr situations- und menschenelastisch. 😀
Aber eine Methode hat sich in unserem eigenen Unterricht immer wieder gut bewährt:
Auch wir bauen einen Partnerwechsel hin und wieder ein, jedoch eher am Ende der Lernphase, also am Ende der Stunde.
Mit anderen Worten, wir lassen wir die Partner nicht wechseln bis wir die Figur fertig unterrichtet haben. In der Übungsphase aber (gegen das Ende der Stunde) lassen wir den Partnerwechsel zu, um die oben genannten Vorteile zu erzielen. Das machen wir aber auch nicht in jeder Stunde, und wir überlassen die tatsächliche Entscheidung den Kursteilnehmern. Möchte ein Paar in dieser Stunde nicht wechseln – KEIN PROBLEM! Denn das Wohlgefühl jedes einzelnen steht für uns über dem „das macht man so“. In jeder Stunde kann sich jedes Paar neu entscheiden, ob es in diesem Moment diese Herausforderung annimmt oder nicht. Ob und wie oft wir einen Partnerwechsel initiieren hängt stark vom Kurs und vom Tanzstil ab. Aber wir versuchen es so oft es geht. Und jedes Mal wenn wir Partner wechseln lassen, machen alle Kursteilnehmer einen wichtigen Schritt für ihre Social Dance Kompetenz. Wow, was für ein Ausdruck!
Habe ich gerade eine neue Disziplin im Tanz erfunden?
Cool! 😎
Wir glauben, dass diese Methode das Beste aus den beiden Welten verbindet und die meisten Vorteile zusammenführt. Der Unterricht verlauft fließender und harmonischer, die Lernerfahrung ist ruhiger und am Ende hat man trotzdem (zwar nur für kurze Zeit) die Vorteile des Wechselns.
Mit dieser Methode haben wir bis jetzt die besten Erfahrungen gemacht. Was nicht heißen soll, dass es für immer so bleiben wird. Wir sind für neue Methoden und Inputs wie immer sehr offen und neugierig, was es sonst an Möglichkeiten gibt.
Einen kleinen Disclaimer gibt es dennoch:
Da man sich bei uns für jeden Paarkurs auch ohne Partner anmelden kann, lassen wir unter den „SingletänzerInnen“ immer wieder die ganze Stunde lang wechseln aber mit etwas längeren Intervallen, damit es nicht ganz so unruhig wird…
Wie sind deine Erfahrungen mit dem Partner Wechsel? Wie stehst du dazu? Siehst du die gleichen Vorteile bzw. Nachteile? Zahlt sich das Wechseln überhaupt aus?
Wir sind wie immer sehr gespannt auf die Reaktionen auf dieses empfindliche Thema.
Bis dorthin,
Dance & Make A Difference