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Tanzen im Lockdown – der unerwartete Effekt von Socials-freier Zeit

Wenn du hier gelandet bist, stehen die Chancen hoch, dass du bereits alle (oder die meisten) Vorzüge vom Tanzen nicht nur kennst sondern auch seit einiger Zeit zu schätzen gelernt hast.
Dementsprechend treffen dich  die neusten Lockdown-News genauso wie uns hart. Für kurze Zeit konnte man das besten Hobby aller Zeiten (sorry, bin etwas parteiisch) noch halbwegs betreiben.

Allerdings kommt in diesem Herbst (und Winter?) wieder  eine Tanzdurststrecke  auf uns zu…

In diesem Artikel beschäftige ich mich aber viel mehr (und lieber) mit konstruktiven Gedanken, Ideen und Vorschlägen, wie wir in dieser kommenden Zeit dennoch zum Tanzen kommen können.

Im letzten halben Jahr habe ich einige unerwartete tanzreiche Erkenntnisse gewonnen und diese möchte ich hier in diesem Artikel mit dir teilen. Ich hoffe dich damit zumindest ein wenig zu inspirieren, dass du dir dieses zur Zeit triste Bild der Tanzwelt aus einer anderen Perspektive ansiehst.

Ich glaube, dass es konstruktiver ist als dir dauernd die Covidberichte anzusehen – auch wenn es wichtig ist, informiert zu bleiben. 😉

Die kühne Behauptung

Beginnen wir mit der Behauptung, dass ich im letzten halben Jahr wahrscheinlich den größten Entwicklungsschritt in meiner Tanzkarriere gemacht habe.

Bäng!

Wie geht das, fragt man sich?

Ich bin nämlich seit März zu keinen Socials mehr gegangen. Aber die Socials-freie Zeit hatte eben einen unerwarteten Effekt und diesen möchte ich gleich erklären.

Ich habe mich im vergangenen halben Jahr sehr viel mit „tiefen“ und übergreifenden Tanzthemen beschäftigt. Das waren und sind immer noch Themen wie allgemeine Motorik und Biomechanik, Bewegungslehre im Allgemeinen bzw. die Qualität der Tanzbewegung und ihre Quelle und Essenz.

Huiiii! Gewichtige Begriffe, ich weiß…

In einer „normalen Zeit“ kommen wir meistens nicht wirklich dazu, uns tiefer und umfassender mit einem fundamentalen (Tanz)Thema zu beschäftigen. Wir pilgern von Tanzstunde zu Tanzstunde, von einem Workshop zum anderen, sammeln Informationen und lagern sie in den Tiefen unseres Handyspeichers ab. Dann gehen wir zu einem Social oder Festival und haben dabei super viel Spaß, weil wir die Seele aus uns heraustanzen.

Du ahnst es, es kommt ein aber

In diesem Alltagstrott und Overload an Eindrücken und Informationen schaffen wir es kaum, uns einen Überblick über die Zusammenhänge zu verschaffen. Wir kommen meistens nicht mehr dazu (selbst wenn wir es wollen), uns mit einem Thema tiefer (geschweige denn länger) zu beschäftigen.
Essentielle Disziplinen wie Haltung, Qualität der Bewegung, Balance oder Musikalität werden selten beim klassischen frontalen Unterricht so ausgeführt und umgesetzt, wie sie es eigentlich bräuchten, um tatsächlich einen merkbaren Unterschied in unserem Tanzen auszumachen.

Dies ist kein Vorwurf – nur eine Beobachtung.

Zurück zur Geschichte meiner tänzerischen Entwicklung in der vergangenen Corona-Zeit…

Ich hatte mehr Zeit als sonst, das Tanzen zu analysieren. Ich habe viele online Lektionen angesehen und mitgemacht. Ich hatte mehr Ressource, ohne Ablenkung zu beobachten und zu reflektieren. Ich habe in dieser Zeit auch viele kleine Drills gemacht und sie in meinen Alltag eingebaut. In unserem „normal wahnsinnigen Alltag“ wäre das in dieser Form nie gegangen!

Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Mehrheit der Tänzer*innen das Tanzen gerade deswegen liebt, weil man dabei nicht denken muss, sondern eher die Seele baumeln lässt.

Absolut! Genau das liebe ich und schätze ich auch am Social Dancing.


Aber Social Dancing ist auch eine sehr komplexe Fertigkeit, die gelernt, verstanden und geübt werden will – nicht „nur“ praktiziert in Form von einer Tanzparty.

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein begeisterter und fleißiger Social Dancer bin. Die Worte können es kaum beschreiben, wie sehr mir dieser Aspekt vom Tanzen fehlt. Es gibt aber eine andere Komponente vom Social Dancing über die kaum jemand (eigentlich niemand) spricht.

Darüber spricht keiner


Beim Social Dancing werden (vor allem) unsere schlechten Bewegungsgewohnheiten trainiert!

Jetzt ist es draußen!

Mir ist klar, dass diese Aussage weder populär noch passend in dieser Zeit ist, in der gerade viele vor allem  Single Tänzer*innen sehr leiden müssen.

Aber diese Aussage ist nicht nur meine Idee. Die Wissenschaftler, mit denen ich mich in dieser Zeit ausgetauscht habe, belegen es auch.


Nur ein bewusstes und gezieltes Training bringt uns weiter und macht unsere Fertigkeiten besser und raffinierter.

Der Spaß und die Freude beim Social Dancing auf einer Tanzparty ist natürlich für viele von uns das Ziel, warum wir trainieren. Aber wir müssen uns auch die andere Seite vom Social Dancing ansehen können.

Die Wissenschaftler bestätigten mir eben, dass wir beim freien Tanzen außer Spaß und Freude auch etwas anderes ausüben – wir vertiefen unsere ungewollten Bewegungsgewohnheiten.

Beim freien Tanzen denken wir natürlich nicht sehr viel darüber nach, was wir gerade tun – wir funktionieren einfach. Wir wenden alles an, was wir bis dato gelernt und gespeichert haben. Wir kreieren dabei zwar auch neue Moves und Figuren „on the fly“, aber wir nehmen sie nicht wirklich bewusst wahr. Denn wir sind beim Social Dancing im Flow und wollen den Tanz nicht unterbrechen, nur um die gerade getanzte Figur zu analysieren.
Dafür ist eben das gezielte Training da…

Nehmen wir an, ein Leader macht immer wieder ungewollte Bewegungen mit seiner Führungshand und er will es loswerden. An einem Tanzabend wird er diese Aufgabe nicht schaffen.

Genau das Gegenteil – er wird diese Bewegung so oft machen, dass sie sich noch weiter in sein Unterbewusstsein verfestigen werden wird.
Er müsste diese ungewollte Bewegung zuerst wahrnehmen, dann korrigieren und eventuell mit einer anderen (besseren) Muskelaktivität ersetzen.

DAS braucht ein isoliertes und bewusstes Training und das ist nicht so lustig wie eine coole Tanzparty.

Und genau das habe ich (unter anderem) in den letzten Monaten betrieben: ich habe ohne Ablenkungen viel an der allgemeinen und substanziellen Qualität der Bewegung arbeiten können und diese neuen Bewegung wurden nicht durch mein Social Dancing wieder „überschrieben“. Ich konnte sie ausbauen und automatisieren, was mir früher deutlich schwerer gefallen ist.

 

Fazit

So viele Worte und dennoch kann man das in einem Satz zusammenfassen: nutze die Zeit während des Lock-Downs und darüber hinaus, um deine wahren tänzerischen Baustellen anzugehen.
Es ist nicht so lustig, alleine zu Hause irgendwelche komische Drills zu machen, aber was wäre momentan die Alternative? Wenn schon kein gesellschaftlicher Tanz zur Zeit möglich ist, dann tüfteln wir wenigstens daran, dass wir freudvoller und fitter wieder auf die Tanzfläche zurück kommen werden.

Es ist mittlerweile fast unangenehm zu sagen, dass diese Zeit auch eine Chance ist!  Wenn wir aber unsere tänzerischen Bedürfnisse und Emotionen bei Seite legen, wissen wir tief in uns drinnen, dass es trotzdem stimmt.

Diese Zeit ist für alle herausfordernd und vor allem traurig, dass sie so viele Menschenleben kostet.

Deswegen sehen wir es so wichtig, wenigstens das beste daraus zu machen, um auch etwas Sinn stiftendes zu bewegen und etwas für die körperlich und psychische Fitness zu tun. Denn Tanz, Bewegung und die komplexen Fähigkeiten sind wichtig, um das Immunsystem zu stärken und die Lebensfreude zu erhalten.

Bei unserem letzten online Intensive haben wir erlebt, wie man diese Zeit sehr effektvoll nutzen kann. 50 Teilnehmer*innen haben vier Wochen lang jeden Tag an ihrer Körperhaltung, Balance, Stabilität und schlussendlich Drehtechnik mit uns gearbeitet. Ihre Ergebnisse waren für uns verblüffend! Nicht wir sind dafür verantwortlich, sondern die Tatsache, dass sie isoliert und gezielt daran gearbeitet haben. Wir haben ihnen „nur“ ein strukturiertes Trainingsprogramm in die Hand gegeben. Üben mussten sie selbst. 😉

Suche also online oder in deiner Tanzschule nach solchen fundamentalen Trainingsprogrammen. Sprich deinen Tanzlehrer darauf an, ob sie so etwas auch online anbieten können. Viele Tanzschule bieten momentan ein online Ersatzprogramm an.

Wenn manche Kollegen diesen Artikel lesen und es soweit geschafft haben, dann empfehle ich vom Herzen nicht nur Figuren und lustige Solo-Routines online anzubieten sondern auch übergreifende und fundamentale Themen wie Haltung, Stabilität, Floorcraft, Musikalität und Ähnliches.

Ich weiß aus unserer Erfahrung, dass wir solche Themen im klassischen Unterricht in dieser Intensität nie umsetzen könnten wie wir das online machen können. In diesem Fall hat ein online Unterricht die Nase vorne, das muss man ehrlich sagen

Natürlich ist die Kombination der beiden das Beste! Aber momentan und hoffentlich nicht zu lange ist der klassische Part mal vom Tisch… 🙁

Natürlich möchte ich an dieser Stelle auch unseren Memberbereich der Academy erwähnen, da dort mehr als 1300 Videolektionen auf 7 Tanzrichtungen und viele unterschiedliche Aspekte aufgeteilt sind. 😉

Hier kannst du dir ein gratis Probe-Abo holen!

Aber wo auch immer du dir deine tänzerische Inspiration holen magst, bleib dran und tanze weiter. Nein, es ist nicht „das Gleiche wie damals“ aber es lenkt dich positiv und konstruktiv ab und es tut deinem Körper und deiner Seele sehr gut.
By the way, dein Körper kann eigentlich gar nicht unterscheiden, ob du auf einer voll bepackten Tanzparty bist, oder ob du alleine zu Hause deine Drills machst. Er weiß nur, er bewegt sich und das tut ihm und deiner Seele gut. 😉

Das verkürzt die nächsten harten Wochen, verbraucht positive Kalorien und macht uns tanzfit für die Zeit, wenn wir alle wieder miteinander tanzen können.

Tanze weiter, bleib gesund,

Dance And Make A Difference