Hast du jemals bemerkt, dass du beim Tanzen(-lernen) eine bestimmte Bewegung machst, die dich auf irgendeine Weise daran hindert, den gewünschten Erfolg zu erlangen? Und obwohl du oder dein Instruktor diese Bewegung bereits „geoutet“ hat, bekommst du sie trotzdem schwer oder gar nicht los? Kennst du dieses Gefühl?
Wenn die Antwort JA ist – Gratulation! Du bist normal! 🙂
Wenn die Antwort NEIN ist, dann bist du entweder einfach perfekt oder du tanzt noch nicht lange genug. 🙂
Aber keine Sorge, dieses Gefühl wird kommen. 😉
Und das ist OK. Das gehört zum Prozess. Es gehört zu unserem (tänzerischen) Wachstum. Wir sollten uns diesen Prozessen stellen und sie hoffentlich auch meistern, um in unserem Leben weiter zu kommen. Auf allen Ebenen, nicht nur tänzerisch. That´s life…
Schlechte Bewegungsgewohnheiten im Social Dance
Ja, wir reden hier von schlechten Gewohnheiten. „Schlecht“ klingt vielleicht etwas zu negativ und streng. Es ist eben deswegen nicht gut, weil sie uns daran hindern, weiter zu kommen. Ganz einfach…
Wir Menschen sind wie ein Dyson-Staubsauger für schlechte Gewohnheiten. Wir sammeln sie fast mit Leidenschaft und merken es oft gar nicht, stimmt´s?
Auch das ist OK und normal…
Vor allem sammeln wir schlechte Gewohnheiten, wenn wir etwas Neues lernen. Speziell etwas, das mit Bewegung und Körpermechanik zu tun hat. Uuuuuuu, da geht die Post ab!
Wir glauben eine bestimmte Bewegung oder einen Move zu lernen und Tadaaaa… schon ist passiert – wir haben blinde Passagiere am Board unseres Bewegungsrepertoires. Die schlechten Bewegungsgewohnheiten. Bewegungen, die wir „just because“ machen. Es sind meist Bewegungen, die passieren aber von uns nicht bemerkt werden – unbewusste Bewegungsabläufe.
In unseren Kursen passiert es oft, dass ich jemanden auf eine solche Bewegung aufmerksam mache, und er oder sie schaut mich an und fragt: „Echt, das mache ich?“
Diese kleinen unerwünschten Bewegungen sind am Anfang nur kleine Steine in unserem Rucksack, aber der Weg wird steiler und länger. Damit sammeln wir fleißig Steinchen weiter und bald fühlen sie sich wie Felsen an.
Irgendwann – ohne es tatsächlich zu merken – verhindern sie in Folge ein Weiterkommen und das Erreichen des nächsten Meilensteins.
Leider sehen wir es in diesem Moment meistens nicht.
Aber nun zur WICHTIGEN FRAGE:
Wie werde ich diese unerwünschten Bewegungen los?
Genau das macht den Unterschied von „soso-TänzerInnen“ zu den „wirklich guten bzw. sogar besten TänzerInnen“ aus: Wie gehe ich mit diesen „blinden Passagieren“ um?
Die Einstellung
Die kommt zuerst. Wir müssen uns erlauben, nicht perfekt zu sein.
Gleichzeitig mit dieser Erlaubnis sollten wir uns für unsere „Selbstoptimierung“ öffnen und akzeptieren, dass wir immer besser sein können als gerade jetzt. Das ist der Anfang des persönlichen und tänzerischen Wachstums.
Ist schon mal nicht einfach – oder?
Wenn wir zugeben und uns erlauben, dass wir (und unsere Tanzbewegungen) nicht perfekt sind, dann öffnen wir uns für den Weg der Verbesserung.
Assistenz von außen
Meistens werden wir von unserem Partner, Coach, Lehrer usw. auf gewisse „suboptimale Entwicklungen“ in unseren Tanzbewegungen hingewiesen.
Und das nagt oft an unserem Ego.
Wenn wir „aufgedeckt“ werden, dass wir eine bestimmte Bewegung nicht korrekt ausführen, sucht unser Hirn automatisch nach Gründen und Ausreden, warum das so ist. Und die sind meistens im Außen. Bei unserem Partner, z.B. 😉
Auch normal…
Aber nach dem wir uns die Erlaubnis bereits erteilt haben, dass wir nicht perfekt sein müssen, können wir damit schon viel besser umgehen, oder? 😉
Je emotionsbefreiter wir ein Feedback von außen annehmen können, desto schneller und einfacher werden wir die ungünstige Eigenschaft oder Bewegung los.
Wir brauchen unsere Counterparts in unserem (Tanz)Leben. Wir brauchen unbedingt Leute, die nicht immer unserer Meinung sind. Das ist der beste (aber nicht der einfachste) Weg zum Wachstum und zum Dehnen unserer Komfortzone.
Alleine schaffen wir es bei weitem nicht so weit wie mit einer konstruktiven Assistenz – sei es ein aufmerksamer Tanzpartner, eine tolle Tanzlehrerin oder einfach jemand aus deiner Tanzumgebung, mit dem du dich gerne austauschst.
Bereitschaft zu handeln
Es reicht leider nicht, dass man eine schlechte Gewohnheit „nur“ erkennt und akzeptiert. Es reicht auch nicht, wenn du es hin und wieder probierst, dagegen zu steuern.
Um sie erfolgreich zu bekämpfen, braucht es deine Bereitschaft, es oft hören zu wollen. Zu oft. Von deinem Partner oder Partnerin, von deinem Instruktor oder von sonst jemandem. Und du wirst es viel öfter hören müssen, als es dir recht ist. Und das schmerzt. Das greift unser Ego an. Es nagt an unserem Selbstbewusstsein und an unserer Selbstwahrnehmung.
Als Tiger Woods seinen Schwung in 1997 verbessern wollte, hat ihm sein Trainer hunderte Male sagen müssen, was er tun soll. Hunderte. Vielleicht sogar tausende Male. Denn er musste umlernen. Und das dauert meist länger, als es uns lieb ist.
Tiger Woods ist alles andere als blöd oder untalentiert. Er brauchte trotzdem unglaublich viele Versuche, bis er seinen Schwung „bereinigt“ hatte.
Es dauert einfach länger, als es uns lieb ist, aber es zahlt sich aus. Nicht nur für unser Tanzen sondern auch für unser persönliches Wachstum.
Denke mal in deinem Leben zurück. Wenn du mir ein wenig ähnlich bist, dann hast du dich wahrscheinlich am meisten entwickelt, als du deinen inneren Schweinehund besiegt hast. Und das fühlt sich natürlich super gut und wertvoll an.
Wenn ich in der Situation bin, meinen inneren Schweinehund zu bekämpfen, dann sage ich mir oft:
„Das macht man einfach. Es stellt sich gar keine Frage ob… Das tut man einfach!“
Und manchmal hilft es mir sogar. 🙂
Isoliertes spezifisches Training (Drills)
Drills sind isolierte Übungen, die sich einer sehr spezifischen Bewegungen widmen. Die Bewegung wird aus dem Gesamtkontext herausgenommen und wird isoliert trainiert (und „bereinigt“). Drills sind ein MUSS, wenn du an deinen Grundlagen schleifen und polieren willst.
Denn diese schlechten Bewegungsgewohnheiten, die wir mit der Zeit ansammeln, sind oft extrem hartnäckig und kleben fest an unserem Bewegungsapparat. Deswegen kann man sie oft nur mit diesen Drills wegbekommen.
Der Ablauf von einem Drill
Wir müssen uns der unbewussten Bewegung, die wir loswerden wollen, bewusst machen. Wir müssen unseren Fokus nur in diese Richtung lenken und dürfen uns nicht mit einer anderen Bewegung, Figur, Führung, Styling oder sonstigem ablenken lassen. Deswegen ist die Isolation von allem anderen so wichtig.
So wird man sich dem Ablauf bewusster, und wir können die Bewegung auch selbst erkennen und „erfühlen“.
Danach geht es darum, diese alte Bewegung mit einer neuen zu ersetzen.
Nach wie vor ist jedoch die aufmerksame Beobachtung besonders wichtig, denn in das alte Muster zurück zu fallen geht schneller als man denkt. Schwierig, ich weiß…
Zurück in den Kontext
Als nächsten Schritt ist es wichtig, die isolierte Bewegung wieder zurück in den Gesamtkontext des Tanzes zu setzen.
Ein kleines Beispiel für das bessere Verständnis aus der Autoreparatur: Man kann sich das z.B. so vorstellen, wie wenn man den Anlasser aus dem Auto ausbaut, reinigt, repariert und dann wieder zurück einbaut. Der Motor muss starten können, ansonsten haben wir ihn nicht repariert, oder?
Das ist eben der tricky Part.
Hier besteht die Gefahr, dass man wieder in altes Schema zurückfällt.
Warum?
Oft versteckt sich die Ursache für eine unerwünschte Bewegung nämlich im Gesamtkontext des Tanzens. Der Trigger für diese unerwünschte Bewegung ist oft kurz davor. Dieses Triggers sollte man sich zunächst bewusst werden, damit die ganze Arbeit des Drills nicht ins Wasser fällt.
Was löst diese unbewusste und unerwünschte Bewegung aus?
Diese Beweggründe können in der vorherigen Bewegung, im Kopf (als Vorstellung) oder auch in der Kompensation einer noch nicht erworbenen Fähigkeit liegen.
Hat man diesen Trigger identifiziert, heißt es üben, üben, üben. Und es ist wirklich sehr nützlich, immer wieder die Assistenz und das Feedback von außen einzuholen. Denn so erkennt man viel leichter, ob man auf dem richtigen Weg ist.
Zelebriere die Erfolge
Das fällt oft zu kurz aus. Die Schnelllebigkeit ist etwas, dass in der heutigen modernen Gesellschaft sehr tief verankert ist. Ein Projekt nach dem anderen. Man feiert kurz die großen Erfolge, und dann geht es schon zum nächsten großen Projekt weiter.
Um die Freude an der Verbesserungsbereitschaft zu erhalten, ist es jedoch wichtig, immer wieder auch die kleinen „Minierfolge“ zu feiern. Besonders motivierend ist es, sich immer wieder umzudrehen und anzuerkennen, wie weit man es bereits geschafft hat. Oft tendiert man, immer nur den noch vor sich liegenden Weg und nicht den bereits geschafften Weg zu sehen. Das ist deswegen so wichtig, um die Freude an dem „endlos“ vor sich liegenden Weg nicht zu verlieren. Denn wie gesagt, „only the sky is the limit“ und somit das Verbesserungspotential bei jedem von uns unerschöpflich.
Dreh dich also öfter mal um. Schau, wo du mal warst und gib dir einen Selfie-Schulterklopfer! 🙂 Dann erfüllt uns dieser ganzer Prozess des Besserwerdens mit viel mehr Freude und Wertschätzung.
Fazit
Der in diesem Artikel beschriebene Prozess ist nicht immer lustig, ich weiß. Aber die Belohnung danach ist sehr erfüllend. Versprochen!
Sicher ist es leichter, wenn du sagen würdest: „Aber ich wollte nur ein wenig tanzen und Spaß haben!“
Schwer in Ordnung der Gedanke!
Ich habe den Vergleich zu diesem Gedanken schon einmal gesagt, aber jetzt hier noch einmal:
Du kannst dich auf der Oberfläche des Wassers auf deiner komfortablen Luftmatratze ausruhen und genießen.
Aber unter der Wasseroberfläche ist ein Great Barrier Reef mit unglaublichen Unterwasserwelten, Korallen und bunten Fischen, die man nur sehen kann, wenn man seinen Kopf in das Wasser steckt und dafür muss man sich wohl oder übel ein wenig nass machen. 😉
Get out of your comfort zone, take a deep dive,
Dance And Make A Difference