“Dance Fusion” kursiert schon länger als Begriff in den freien Tanzszenen. Viele fragen uns immer wieder, was man sich darunter vorstellen kann?
Im Wikipedia steht: “Es ist eine Art des modernen Partnertanzes, in dem man verschiedene Tanzstile kombiniert, um neuartige Ästhetik zu kreieren.” Da haben wir es, oder? Es wird alles gesagt und man braucht also nicht weiter lesen, oder?
Vielleicht…
Wir haben uns mit diesem Thema sehr ausführlich beschäftigt, unsere Meinung gebildet und eigene Erfahrungen gesammelt.
Es gibt nämlich verschiedene Zugänge, die Kombination verschiedener Tanzstile zu erreichen. Jedoch am Anfang steht immer die Frage, ob ich dies im Social Dance Bereich oder im Showbereich erreichen möchte. Das sind natürlich zwei Paar Schuhe.
Wenn man in einer Showchoreographie Fusion implementiert, kann es natürlich sehr interessant für die ZuschauerInnen und für das tanzende Pärchen werden, aber die Herangehensweise an das Kreieren ist ganz anders, als wenn man versucht, diese Arte des Tanzens auf der Tanzfläche und somit im Social Dance umzusetzen. Für eine Show kreiert man eine Choreographie, die hoffentlich schön und abwechslungsreich ist. Dabei kann man sich viel Zeit für die Vorbereitung lassen. Meistens gibt es kritische Stellen, die besonders lang geübt werden müssen, weil sie mehr oder eben weniger intuitiv getanzt werden können. Vor allem dann, wenn man die Stile mischt. Aber, man hat ja Zeit und kann dies immer wieder wiederholen. 😉 Das Video unten zeigt unsere Lieblingsshow, eine Mischung aus Ballroom und Salsa.
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Im Social Dance passiert alles in diesem einen Moment. Wir haben keine Zeit, einen neuartigen oder für den Stil, den wir gerade tanzen, ungewöhnlichen Move vorzubereiten, so dass die Partnerin weiß, was sie “zu tun” hat. Wir sollten es blitzschnell kommunizieren und das möglichst klar.
Jaaaaa, genau so sollte es sein 😀
Deswegen lieben wir unter anderem den Social Dance. Er ist so echt und transparent. So ehrlich…. Wie ein kleines Kind. Es gibt dir immer ein ehrliches Feedback. Egal ob positiv oder nicht. Du weisst es meistens sofort, ob es angenehm oder unangenehm war, ob es funktioniert hat oder nicht, ob dein Gegenüber es genossen hat oder nicht… oder irgendwas dazwischen 😀
Fusion im Social Dance
Wie kann man also mehrere Stile am besten kombinieren und noch wichtiger – warum sollte ich mir die “Arbeit” antun? Kann ich nicht einfach diesen einen Stil tanzen und damit zufrieden sein? Muss man überhaupt verschieden Bereiche zusammenmischen?
Zuerst, JA, du kannst und sollst nur einen Tanzstil tanzen und ihn genießen. Zuerst…;-)
Wie soll man denn aus der Box denken, wenn man sich noch nicht ganz im Klaren ist, wie die Box aussieht? Es ist extrem wichtig, die Struktur des einen Tanzstiles zu verstehen und idealerweise auch zu beherrschen, um ihn dann mit anderen Stilen zu fusionieren. So macht es einfach mehr Sinn. Wenn man sich noch nicht ganz sicher in einem Tanz ist, wird es schwieriger (aber nicht unmöglich), andere Elemente hinein zu kombinieren.
Warum sollten wir das jetzt noch einmal tun? Diese Fusion, meine ich…
Es kitzelt die Neugierde, es verschiebt den Horizont noch weiter, es macht Lust auf Neues. Es motiviert uns, ein wenig anders zu denken und zu handeln, als wir es normalerweise tun. Es durchbricht das Alteingesessene. Das Übliche.
Ich finde, all diese Sachen machen bessere TänzerInnen aus uns.
Es gibt noch einige Gründe mehr, aber diese sollten einmal für das Erste reichen. 😉 Und noch etwas ganz Wichtiges…Social Dance hat sich immer weiterentwickelt, durch Probieren, Kombinieren anderer Elemente, durch das Entstehen neuer Musik usw. Somit sehen wir auch die Fusion als Chance, etwas Neues entstehen zu lassen, und damit den Tanz und nicht die jeweilige Szene an sich zu leben.
Und wie sollen wir das jetzt konkret angehen?
Es ist viel klarer, wenn wir einen Tanz als Basis nehmen und nur Elemente oder ganze Sequenzen von einem anderen hinzufügen. somit wird der Prozess leichter, weil man ein Basislager hat, wo man immer zurückkehren kann. 😀 Man macht einen mehr oder weniger kurzen Abstecher zu einem anderen Stil und kommt dann wieder „nach Hause“ zurück.
Ein gutes Beispiel dafür wäre Bachatango. Man geht von der Bachatastruktur aus und mischt immer wieder Elemente von Tango hinein, um eine andere “Stimmung” zu kreieren als die eines “normalen” Bachatas. (was auch immer als normal bezeichnet wird 😀)
Und jetzt gibt es sogar schon eine eigene Musikrichtung “Bachatango”!
Für uns gibt es drei Arten, wie man Tänze im Social Dance fusionieren kann:
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Man tanzt einen Stil als Basis und wechselt dann offensichtlich und klar zu einem anderen Tanzstil. Man merkt sofort den Unterschied im Charakter der Bewegung, der Rhythmus verändert sich vielleicht auch und der allgemeine Look des Pärchens. Man kann die Stile klar erkennen.
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Man tanzt einen Stil als Basis und bringt den Einfluss von einem anderen hinein aber erhält trotzdem die Struktur des ursprünglichen Tanzstils. Man merkt etwas ist anders, aber es ist nicht so offensichtlich. Es ist eher ein kleiner Touch von einem anderen Tanzstil innerhalb der bekannten Struktur. Zum Beispiel, wenn man Körperbewegungen aus dem Hip Hop im Salsa einbaut. Man tanzt nach wie vor in der Salsa-Struktur aber bewegt den Körper in einem Hip Hop Charakter.
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Man nimmt ein Musikstück, das verschiedenste Tanzcharaktäre fördert und wechselt zwischen den Tänzen hin und her. 😀 Ein Beispiel dafür ist in dem unteren Video, wo wir in der wunderschönen Toskana zu einem der für uns schönsten Tanzlieder eine Art Dance Fusion tanzen, wo sich Salsa, Ballroom, Kizomba und Lindy Hop immer wieder abwechseln.
Alle drei Möglichkeiten bringen ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Bei der ersten und der dritten ist es die größte Herausforderung, den neuen Charakter der Partnerin zu vermitteln (aus der Sicht des Leaders).
Bei der zweiten ist es schwierig, die gewohnte Bewegung, die man mit dem Tanz assoziiert, zu durchbrechen und sich “anders” zu bewegen.
Wie auch immer, ist das Ganze eine Herausforderung. Aber eine schöne. 😀
Man durchbricht so gewisse Abläufe im Tanz, die sich über die Zeit eingenistet haben.
Verstehe mich jetzt bitte nicht falsch. Das ist auch gut, wenn man im Social Dance Bewegungen automatisiert hat. Sehr gut sogar. 🙂 Aber, es bedeutet auch, dass wir uns damit in unserer Komfortzone einnisten und nicht über den Tellerrand hinaussehen.
Tänze zu fusionieren ist eine Art aus der Komfortzone zu tanzen und seine Tanzhorizonte zu erweitern.
Es gibt aber auch kritische Stimmen zu diesem Thema. Manche sagen, dass man durch das Fusionieren und Vermischen der Tänze den jeweiligen Tanzstil verwässert. Man meint, dass die Roots von dem Tanzstil dadurch weggenommen werden, und dass dem Tanz dadurch die Seele entzogen wird. Was für eine dramatische Formulierung!
Das verstehen wir. Wirklich! Aber das Einzige, was man nicht verändern kann, ist die Veränderung selbst. Ich bin der Überzeugung, dass es immer zwei verschiedene Lager der Traditionalisten und der New Kids geben wird. Es ist manchmal fast erschreckend, mit welchen Emotionen in den Szenen diskutiert wird, was richtig oder falsch ist.
Conny und ich stehen dem Ganzen sehr offen gegenüber. Wie so oft 😀
Ich glaube sogar, dass man sich durch das Fusionieren sogar noch mehr mit dem jeweiligen Tanzstil auseinandersetzt. Dadurch kommt man noch mehr in die Tiefe der Tanzstile und hinterfragt und analysiert die Struktur und die Bewegung noch mehr als sonst.
Viele haben gejammert, als Electrotango mit Gotan Project am Anfang des 21ten Jahrhunderts, den Einzug in die traditionellen Tangosalons geschafft hat. Electrotango? Das ist ja kein richtiger Tango. Er hat keine Tiefe, es ist nur Kommerz. Mag alles stimmen. 15 Jahre später ist die Tangotanzszene größer denn je. Noch mehr junge Leute interessieren sich für den Tango und verjüngen die “etwas veraltete” Szene dadurch. Es kam ein neuer Schwung in die verstaubten Salons. Und der traditionelle Tango boomt dadurch nach wie vor überall auf der Welt.
Denn nach einer gewissen Zeit, wollen sich die TänzerInnen doch noch mehr mit dem Ursprung des Tanzes auseinandersetzen, um ihn weiter zu erforschen.
Also kann diese neue Entwicklung schon einen sehr positiven Einfluss auf die Verbreitung der ursprünglichen Kultur des jeweiligen Tanzstils bringen. 😉
Es ändert sich die Gesellschaft ständig und damit auch der Anreiz, den man jungen Menschen bieten muss, damit ihr Interesse geweckt wird.
Oft passiert das durch die Musik, die gerade “in” ist. Denn meist möchten die Menschen zu der Musik gerne tanzen, die ihnen gefällt.
In unserer Tanzschule haben wir sehr wohl bemerkt, dass unsere TänzerInnen sehr positiv auf dieses Thema ansprechen und sehr gerne die Tanzstile kombinieren und fusionieren. Ihre Augen funkeln so richtig, wenn wir ihnen im Unterricht neue Möglichkeiten zeigen, den altbewährten Tanzstil neu “einzukleiden”.
Damit komme ich zu einer wichtigen Ankündigung:
Wir arbeiten gerade auf Hochtouren an einem neuen Projekt, um unsere Leidenschaft, Begeisterung und vor allem unser ganzes Tanzwissen mit der Social Dance Community zu teilen. Wir sind deswegen sehr aufgeregt und können es kaum mehr erwarten. 😀 Diese neue Plattform soll ein Ort sein, in dem all unsere Erfahrungen, Entdeckungen und unser Wissen im Bereich Social Dance zusammenlaufen und kanalisiert werden, um diese möglichst klar, intensiv, fokussiert und direkt weitergeben zu können.
Wir hoffen damit das Leben der Social Dancers zu erleichtern und vor allem zu bereichern.😀
Schon sehr bald geht es looooooos!
Dance & Make A Difference